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British Blue-Schulung in Nordwestengland

Anfang September hat eine kleine Gruppe der RBW-Mannschaft eine Reise nach England unternommen. MitarbeiterInnen aus dem Außendienst und dem Spermavertrieb reisten dazu nach Manchester, um zwei interessante und lehrreiche Tage zu nutzen die Rasse British Blue besser kennenzulernen. Die MitarbeiterInnen der Firma Genus ABS hatten für diesen Zweck ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt.

Begonnen wurde am Mittwochmorgen mit der Besichtigung der Aufzuchtstation der British Blue-Kälber. Bevor der Stall besichtigt wurde, stellten die beiden Mitarbeiterinnen von Genus ABS das Zuchtprogramm, welches unter dem Namen „NUERA“ steht, vor. Der Name „NUERA“ setzt sich aus den Wörtern „New“ und „Era“ zusammen und bedeutet auf Deutsch „Neue Ära“. Zunächst werden jährlich über 480 Embryonen produziert, aus denen ungefähr die Hälfte zu positiven Trächtigkeiten führen. Interessanterweise werden die Embryonen in Fleckviehkühe eingepflanzt und von diesen ausgetragen. Die Rasse Fleckvieh eignet sich vor allem wegen ihrer Größe, den breiten Becken und ihrer ruhigen Art für die Austragung der British Blue Kälber. Letzten Endes werden von den 120 erhaltenen Bullenkälbern nur zwischen 20 und 25 Bullen für die Produktion von Sperma eingesetzt. Alle Kälber werden auf natürliche Art, ohne Kaiserschnitt, geboren.

Die eingesetzten Bullen haben einen NPI (Index für die genetische Verbesserung) von durchschnittlich 116. Die bisher höchste Bulle erhielt einen NPI von 154. Aktuell befindet sich auch ein Bulle mit einem geringen NPI von nur 106 im Einsatz, vor allem oder besonders wegen seiner Hornlosigkeit. Derzeit gibt es drei homozygot hornlose und acht heterozygot hornlose Bullen im Angebot, zwei weitere befinden sich noch in der Pipeline. Es wird auf Hochtouren daran gearbeitet, hornlose Bullen zu produzieren. Das Zuchtprogramm der Rasse British Blue ist in den letzten sieben Jahren extrem angestiegen. So wurden im Jahr 2016 erst um die 30 Embryonen im Jahr produziert. 2021 waren es schon über 400 Embryonen pro Jahr.

Ein weiterer wichtiger Zweig des Zuchtprogrammes ist die Aufzucht der British Blue Kälber. Nach dem Durchlaufen des „Feed Efficiency Test“ (deutsch: Fütterungseffizienz – Test) wird anhand dieser Mastergebnisse entschieden, welcher Bulle in den Einsatz kommt und welcher nicht.

Sobald ein Bulle sicher Sperma produzieren kann, wird er dann ins RBW-Gebiet geschickt. Die Prüfung vom Kalbeverlauf findet dann in Deutschland statt.

In der Aufzuchtstation werden die Kälber zunächst in Einzelboxen, später dann in Gruppenhaltung auf Stroh gehalten. Während der ersten vier Wochen haben die Kälber eine tägliche Zunahme von rund 0,83 kg. Von der 5 bis zu 14 Woche steigt die Zunahme auf bis zu 1,05 kg pro Tag. Nach der 14. Woche können die Kälber dann eine tägliche Zunahme von bis zu 1,31 kg erreichen.

Am Mittag des ersten Besuchstages wurde dann ein Genus ABS Standort in Ruthin (Wales) besichtigt. Besonders interessant war die Aufarbeitung und Darstellung der Vorteile der Rasse British Blue zur Rasse Weiß Blau Belgier. Die British Blue Bullen

überzeugen vor allem durch ihre nicht zu stark ausgeprägte Muskulatur sowie der eleganten Statur und moderatem Körperbau. Auch die Fähigkeit zur leichten Kalbung und der langen Nutzungsdauer stellt die Rasse British Blue deutlich vor die Weiß Blau Belgier-Bullen. Ein weiter Vorteil ist die bessere Mobilität, was auch bei der anschließenden Bullenparade eindeutig zum Vorschein kam.

Bei der Bullenparade erhielten die RBW-MitarbeiterInnen einen spannenden Einblick in die Zuchtarbeit der Firma. Besonders erfreulich war, dass bei der Vorstellung der TOP Holstein Bullen auch deutsche Genetik zu sehen war. Die British Blue Bullen konnten durch einen sehr rahmigen und langen Körper überzeugen. Sie präsentierten außerdem eine feste Bemuskelung, ein tolles Fundament und eine gute Bewegung.

Gegen Nachmittag wurde noch das ebenfalls in der Zentrale befindliche Sexing Labor besichtigt. An acht Tischen wird dort Sperma, mit der gleichen Methode wie in Bad Waldsee, gesext. In England wird derzeit nur noch 6% konventionelles Sperma eingesetzt.

Zum Abschluss des ersten Tages wurde noch eine Milchviehfarm, die GE Oakley and Sons Wirswall Farm besichtigt, welche rund 200 Holstein-Milchkühe hält. Aufgrund der Daten der Herdentypisierung selektiert der Betrieb seine besten Tiere aus und besamt diese mit gesextem Sperma. Alle anderen Milchkühe werden mit British Blue Sperma besamt. Die Kreuzungskälber auf dem Milchviehbetrieb bekommen nur 6 Liter Milch und etwas Kraftfutter, werden auf Stroh gehalten und werden nach drei Wochen, mit einem Gewicht von etwa 65 kg, verkauft. Die Kälber zeigen bereits in diesem Alter deutlich Mastanteile. Beim anschließenden „Fleisch-Testprogramm“, welches die Bullen durchlaufen, kann an Mängeln gearbeitet werden, so werden beispielsweise Bullen mit fehlender Stichelhaarbildung nicht zum Besamungseinsatz kommen.

Nach drei Wochen kommen die Kreuzungskälber auf einen Aufzuchtbetrieb, welcher am nächsten Morgen besichtigt wurde. Auch hier werden die Kälber auf Stroh gehalten. In dieser Aufzuchtphase werden die Kälber geimpft, enthornt und kastriert. Mit einer täglichen Zunahme von rund 1,5 kg bleiben die Kälber auf dem Betrieb, bis sie ein Gewicht von ungefähr 150 kg erreicht haben. Zum Fressen erhalten diese bis zum Absetzen nur Milchaustauscher und im Anschluss Kraftfutter sowie Stroh. Beeindrucken ist vor allem die Verlustrate von nur 0,4 %. Sobald die Kälber das gewünschte Gewicht erreicht haben, kommen sie in einen Maststall zu Versuchszwecken.

Dort angekommen werden die Kälber zunächst in größeren Gruppen untergebracht und auf das neue Futter vorbereitet. Ab der Ankunft im Maststall erhalten die Kälber bis zur Schlachtung dieselbe TMR-Ration. Diese setzt sich aus fast 50% Mais, 20% Brotabfällen, 10% Triticale, 10% Kartoffelschalen und 10% Raps bzw. Gerste zusammen. Sobald die Tiere sich an das Futter gewohnt haben, kommen sie immer gruppenweise an die Fütterungströge. Dort werden sie bei jedem Fressgang sowie jedem Trinkgang gewogen. Anhand eines Chips im Ohr erfolgt die Tiererkennung und die genaue Futter- und Wasseraufnahme für das jeweilige Tier wird erfasst und gespeichert.

Geschlachtet werden die Tiere dort nach 470 Tagen mit circa 310 kg.

Die Einteilung der Masttiere erfolgt in drei Leistungsgruppen. Dabei kann beispielsweise die tägliche Zunahme von der „schlechtesten“ zu „besten“ Gruppe zwischen 1,2 kg und 1,3 kg pro Tag schwanken. Besonders auffallend ist auch die tägliche Futteraufnahme. So benötigen die Tiere fast 0,5 kg weniger Futter für dieselbe Zunahme, welches sich auf die ganze Dauer der Mastperiode stark auswirkt und ein entscheidender Kostenfaktor darstellt. Die Tiere der besten Gruppe zeigen außerdem ein höheres Schlachtgewicht bei kürzerer Mastdauer. Auch hier wurde aufgezeigt, dass es nur die Väter der besten Gruppe in das Zuchtprogramm schaffen.

Die Tiere im Endmaststadium bewegen sich zum größten Teil auf einem stabilen Fundament, was eine Weitermast zu höherem Schlachtgewicht sicherlich zulässt. Des Weiteren konnten die Tiere durch ihre Großrahmigkeit bei einer stark ausgebildeten Körperlänge überzeugen, welche die Mastendprodukte für den deutschen Markt sicherlich interessanter machen als vergleichbare Kreuzungen.

Weitere Bilder und ein Video zur Schulung finden Sie in unserem Fotoalbum.


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