Die Wälderrassen im Jahre 2015

Die beiden Regionalrassen Vorder- und Hinterwälder werden in der Milch- und in der Mutterkuhhaltung gehalten mit unterschiedlichen Anteilen. Insgesamt sind es knapp 10.000 Kühe in 713 Betrieben. Die Leistungsdifferenz beträgt knappe 2.400 kg zugunsten der Vorderwälder. Der Vorteil der Hinterwälder ist, dass sie auch in den schwierigsten Gebieten hinreichend Milch geben. Allerdings ist der Trend hin zur Mutterkuh bei den Hinterwäldern sehr stark, bei den Vorderwäldern scheint er auch zu beginnen. Hinterwälder werden im Regelfall in der Mutterkuhhaltung in Reinzucht gehalten, bei den Vorderwäldern wird überwiegend mit einem Fleischrinderbullen gekreuzt. Die neue Faktmaßnahme der Förderung gekörter Bullen hat sein Ziel der Inzuchtvermeidung erreicht, bei den Hinterwäldern wurden 60 Bullen aus neun Linien stallgekört, 1/3 mehr als im Vorjahr. Bei den Vorderwäldern waren es 48, das sind 27 mehr als 2006, dem Jahr vor der Zuchtförderung.
Führende Rassen im Biobereich
Bei den Wälderrassen gibt es viele Biobetriebe, 70 Vorder- und 11 Hinterwälderbetriebe, das sind 22 beziehungsweise 33 % aller Zuchtbetriebe. Bei den Hauptrassen ist der Anteil viel geringer, zum Beispiel bei Fleckvieh 6,7%. Klar, Grünlandstandorte wie der Schwarzwald sind natürlich auch prädestiniert dafür. Die Milchleistung dieser Biobetriebe unterscheidet sich minimal von allen Betrieben, bei den Hauptrassen sind die Unterschiede wesentlich höher.
Maße und Gewichte sind entscheidend
Die Besonderheit der beiden Rassen sind ihre Maße und Gewichte, die sie befähigen, die Schwarzwaldhänge zu beweiden. Die Hinterwälderschaukühe im Jahre 2014 maßen 122 cm Widerrist und wogen 445 kg Gewicht und die Vorderwälderkühe der Haslacher Schau 2015 kamen auf 138 cm im Widerrist und 608 kg Gewicht. Hinterwälder liegen etwas über dem Zuchtziel, die Vorderwälder voll mittig. Hinterwälder werden als feinknochig beschrieben, deswegen wird bei den Körungen seit einigen Jahren der Röhrbeinumfang gemessen. 65 Bullen kamen auf 19,0 cm Umfang. Die Variation ist relativ gering.
Langlebigkeit ist verankert
Die Hinterwälder sind in punkto Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und in den Abgangsursachen Spitze im Rassenvergleich, im Zellgehalt liegen Sie am Ende der Rangierung. Klar, ein Tribut an die Langlebigkeit. Aber die Schweizer Hinterwäldermilchkühe liegen mit 91.000 Zellen unter der Hälfte des Baden- Württemberger Durchschnittes von 194.000. Die Vorderwälder landen auf dem zweiten Platz hinsichtlich Langlebigkeit, jede vierte Kuh steht in der fünften und weiteren Laktation, bei den Deutschen Holsteins erreicht nur jede achte diese Laktationszahlen. In Bezug aufs Alter gesehen ist der Zellgehalt mit 188.000 als ordentlich zu bewerten.
Betriebs- und Kuhzahlen der Wälderrassen:
Rasse |
Milchvieh |
Mutterkuh |
Milch- und Mutterkuh |
||||
Betriebe |
HB-Kühe |
Milchmenge |
Betrieb |
HB-Kühe |
Betrieb |
HB-Kühe |
|
Vorderwälder |
316 |
6.122 |
5.434 |
154 |
1.545 |
470 |
7.667 |
Hinterwälder |
32 |
443 |
3.067 |
211 |
1.871 |
243 |
2.314 |
Summe |
348 |
6.565 |
|
365 |
3.416 |
713 |
9.981 |
Doppelnutzung wichtiger Punkt der beiden Rassen
Die Doppelnutzung ist bei beiden Rassen bedeutsam. Dies sieht man bei den Vorderwäldern an den Bullenkälbern. Deren Qualität hat sich durch die Selektion gut bemuskelter Test- und Deckbullen kontinuierlich verbessert. Aktuelle Vermarktungszahlen über das „Junge Weiderind“ zeigen, dass alle Absetzer vom Betrieb Familie Dorer in Schollach die geforderte Handelsklasse R und die günstige Fettstufe 2 erzielten. Auch bei den Hinterwäldern sieht man an den Schlachtzahlen beim Direktvermarkter Paul Franck aus Kraichtal-Neuenbürg wiederum vernünftige Werte: Mit 9,2 Monaten brachten die zwölf männlichen Absetzer 154 kg Schlachtgewicht und 555 g Nettozunahmen pro Tag, trotz der Hitze- und Trockenheitskalamität. Was die Hinterwälder in günstiger Umgebung leisten können, zeigte zum einen der Mastversuch in Aulendorf im Jahre 1999 und zum anderen aktuell die beiden Mutterkuhgespanne von Armin Roser aus Müllheim- Britzingen-Muggard auf der Badenmesse: Der Singlersohn kam mit 318 kg in 7,5 Monaten auf 1.308 g tägliche Zunahmen und der Fällersohn mit 293 kg in 8,1 Monaten auf 1.103 g tägliche Zunahmen. In diesem jungen Alter entsprachen diese Gewichte 64,6 % des Muttergewichtes. Beim Charolaismutterkuhgespann der Badenmesse erzielte der gute Absetzer mit 9,8 Monaten nur 53,7 % seines Muttergewichtes. Wiederum bestätigt sich das schnelle Jugendwachstum der Hinterwälder.
Erbfehler über Test ausmerzen
Die Vorderwälderrasse ist betroffen von einem Erbfehler, der unvollständigen Haut- und Haarbildung. Die Kälber müssen leider notgetötet werden. Stammvater ist Sypland Officer, der 1951 als Ayrshirebulle geboren wurde und zur Linienerweiterung Ende der 1960 er Jahre als Bullenvater die B- Linie begründete. Eine erste Welle dieser Kälber wurde in den 1980 er Jahren geboren, dann war es ruhig und im letzten Jahr häuften sich die Fälle wieder. Grund war, dass der stark eingesetzte Piras Anlageträger ist und nun auch auf Mutterseite viele P- Abstammungen vorhanden sind. Denn zur Erbfehlerausbildung kommt es nur, wenn sowohl Vater wie auch Mutter Anlageträger sind und zwar mit einer ¼ Wahrscheinlichkeit. Anhand von Ohrstanzproben von Müttern, Erbfehlerkälbern und Sperma der Väter wird in absehbarer Zeit ein Gentest zur Verfügung stehen, so dass Anlageträger bestimmt werden können.
Dr. Franz Maus, Zuchtleiter